Da waren wir doch letztens wirklich wandern. So richtig. Sachen gepackt und übers Wochenende in die Steiermark gefahren. Das letzte Mal war ich wahrscheinlich vor ca. 10 Jahren wandern. Damals im Urlaub mit der Familie in Kärnten. Damals habe ich es gehasst. So schlimm kann es ja nicht gewesen sein, dachten wir, und wanderten los.Als Wander-Neulinge wusste natürlich keiner von uns, wo wir genau hingehen sollten. Handy ausgepackt, App heruntergeladen, Wanderrouten in der Umgebung gesucht. 7 km bis zum Gipfel, 3 Stunden (in eine Richtung) und 2 Menschen voller Euphorie. Wir folgen der Wanderroute 132, gekennzeichnet durch die charakteristischen rot-weiß-roten Markierungen an den Bäumen. Nach 10 Minuten, die Ernüchterung: verdammt ist das steil, verdammt ist das anstrengend. Laut App benötigt man für diese Strecke 2 von 5 Sternen an Kondition. Was auch immer das bedeuten soll. Wir stellen sehr bald fest: und fehlt das, was man 2 Sterne Kondition nennt.
Aufgeben? Sicher nicht!
Nach 1 km schlage ich vor: Lass und doch lieber mit dem Auto zur ersten Hütte fahren und von dort zum Gipfel gehen. So wie das viele Leute machen. Hauptsache ein Foto mit dem Gipfelkreuz. Mein Vorschlag wird abgelehnt. Jetzt haben wir das angefangen, jetzt werden wir das auch zu Ende führen. Abwechselnd schwindet unsere Motivation – wir ermutigen uns gegenseitig zum Weitergehen. Die erste Erleichterung: ein Bach der quer über den Weg führt und eiskaltes, klares Quellwasser führt. Wie schön doch unser Land ist, denke ich mir und gehe nach einer kurzen Pause motiviert weiter.
Am schlimmsten sind wohl die letzten Meter vor der Hütte. Man weiß, sie muss hier irgendwo sein, doch man sieht sie (noch) nicht. Nach einem kurzen Schwächeanfall (jemand von uns meint, wer auch immer diesen verdammten Weg mit 2 Sternen für Kondition markiert hat, ist hier sicher noch nie selbst raufgegangen!), erreichen wir die Hütte. Das Bier haben wir uns jetzt aber wirklich verdient!
Na komm, den Gipfel schaffen wir…
… meine ich nach der Pause. Wir gehen weiter. 1,5 Stunden soll es noch bis rauf dauern. Nach 10 Minuten folgt die Ernüchterung: den ganzen Weg müssen wir dann auch wieder hinunter. Bis zum Gipfel haben wir es diesmal leider nicht geschafft. Wären wir doch bloß mit dem Auto zur Hütte gefahren. Doch das Selfie mit dem Gipfelkreuz, lässt wohl noch ein wenig auf sich waren.
Warum ich das erzähle?
Ein gewisser Grad an Selbstironie ist wohl die Ursache. Aber ein großer Teil Ich-probier-mal-was-Neues, ist eigentlich dierHauptgrund. Seit ein wenig mehr als einem Monat bin ich wieder in Wien. Das letzte Semester in Zagreb ist so schnell vergangen, dass ich mir manchmal gar nicht so sicher bin, ob ich doch tatsächlich dort war. Ich habe unglaublich tolle Menschen getroffen und wohl die entspannteste und gleichzeitig aufregendste Zeit meines Studiums verbracht. Gelernt habe ich vor allem eines: Neues wagen! Und das jeden Tag. Eine neue Uni, eine neue Wohnung, neue Freunde, eine neue Sprache. Ich habe die Scheu davor verloren Kroatisch zu sprechen, auch wenn ich Fehler mache. Ich habe gelernt die Eigenarten und Besonderheiten verschiedener Kulturen zu akzeptieren und Menschen aus der ganzen Welt getroffen, die ich heute meine Freunde nennen kann.
Eine der prägendsten Bekanntschaften dieser Zeit, ist wohl meine mexikanische Mitbewohnerin. Nächtelang haben wir über kulturelle Unterschiede und das Leben in Mexiko und Europa diskutiert – nicht immer ohne den Einfluss von Wein. Wie gleich und doch so unterschiedlich unsere Leben sind. Was hierzulande als selbstverständlich gilt, ist in Mexiko noch lange nicht erreicht. Pressefreiheit, eine funktionierende Demokratie, Chancengleichheit. Auch meine Freundin würde gerne als Journalistin arbeiten. Verwundert ist sie darüber, wenn ich ihr erzähle, dass Publizistik zu einem der beliebtesten Studiengänge in Österreich zählt. In Mexiko macht man darum normalerweise einen großen Bogen. Die Presse ist nicht frei und das Land eines der gefährlichsten für Journalisten. Dennoch wird sie nicht müde mir immer wieder zu erzählen, wie sehr sie ihre Heimat liebt und wie wunderschön das Land sein kann.
Und, wie ist es jetzt so, wieder da zu sein?
Die ersten Tage in Wien waren weder eigenartig, noch befremdlich. Die alte Vertrautheit kehrte augenblicklich zurück, als ich meine Wohnung betrete. Es ist schön Freunde und Familie wieder zu sehen. Was sich tatsächlich geändert hat, bin ich selbst. Ich bin rastloser geworden, ich möchte Dinge unternehmen, ich kann nicht mehr so still sitzen wie früher. Ein Wochenende nur zu Hause? Nein, lieber Freitags ab ins Auto und ans Meer, in die Berge oder auch nur zu den Eltern. Zwei Abende hintereinander nur in der Wohnung zu sitzen ist mir zu langweilig geworden. Ich brauche neue Herausforderungen, im Studium, in der Arbeit und Privat. Und die wird es auch in nächster Zeit geben. Man darf gespannt bleiben.
Um das Ganze mit einem ziemlich abgedroschenen, aber dennoch treffenden Zitat abzurunden: