Neue Note wurde eingetragen. Mein Herz rast wie wild als ich mein univis-Passwort eintippe. Auf einmal taucht sie vor meinen Augen auf. Die letzte offizielle Note für mein Bachelorstudium. Ich weiß nicht, wie ich jetzt reagieren soll. Es ist vollbracht. Ich bin stolz. Aber auf eine gewisse Weise auch emotionslos und leer. Das war es jetzt also.
Bald zwei Jahre ist es nun her, dass ich meinen Bachelor in Politikwissenschaft abgeschlossen habe. Ich weiß noch, dass es ein regnerischer Tag Mitte Mai war, als ich meine Note erhielt. Es war ein Sonntag. Ich war zuhause und saß vor meinem Laptop. In dem Moment wusste ich nichts mit mir anzufangen. Auf einmal war alles vorbei.
In knapp zwei Jahren kann sich viel verändern. Und in diesen letzten Jahren waren die Veränderungen enorm. Mittlerweile studiere ich an einer Fachhochschule, dennoch war meine Uni-Zeit eine sehr prägende, die ich nicht missen möchte. Warum und welchen Einfluss das Studium auf mein heutiges Ich hatte, folgt nun.
Wissen aneignen, auch wenn es keinen unmittelbaren Nutzen hat
„Bildung macht sexy.“ Das hat mein ehemaliger Deutschlehrer in der Schule einmal zu uns gesagt. Diese Worte kommen mir immer wieder in den Sinn, wenn es um die Frage geht, WARUM man etwas lernen sollte. Die Antwort ist ganz einfach: Weil es sexy ist, Dinge zu wissen. An Diskussionen teilnehmen und mehr als ein schwaches Argument hervorbringen. Immer eine passende Antwort auf Fragen zu haben.
Nicht jeder Text, den ich im Laufe des Studiums gelesen habe, hatte einen unmittelbaren Nutzen für mein Leben. Eh klar. Aber die Summe der behandelten Themen haben meinen Horizont extrem erweitert. Heute weiß ich, dass man gar nicht genug wissen kann. All die Informationen, die Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen… Warum sollte man jemals aufhören, sich neues Wissen anzueignen.
Selbstständig sein und Probleme lösen
Niemand nimmt dich an der Uni an der Hand, wenn du ein Problem hast. Studierende unterstützen sich gegenseitig, aber „von oben“ gibt es kaum Hilfe. Zumindest habe ich das damals so empfunden. Nicht auf alle administrativen Fragen gibt es zufriedenstellende Antworten. Nicht jede Prüfungsnote ist nachvollziehbar. Nicht immer sind die Prüfungsunterlagen aufschlussreich. Im Laufe der Zeit habe ich mir eine gewisse Problemlösungs-Kompetenz angeeignet. Oberstes Gebot: Man kann (fast) alles googeln oder in einschlägigen Facebook Gruppen nachlesen! Und: Immer zuerst recherchieren, ob deine Frage bereits gestellt wurde. Und ja, sie wurde fast immer schon gestellt. Nichts ist anstrengender als immer und immer wieder die gleichen Postings in den Facebook-Gruppen zu lesen – wenn weiter unten die Fragen bereits ausführlich beantwortet wurden.
Politikwissenschaft ist anders
In der großen weiten Welt wird die Schwierigkeit eines Studiums häufig an den Durchfalls-Quoten bei Prüfungen oder der Anzahl der zu lernenden Seiten für eine Prüfung gemessen. Politikwissenschaft ist anders. Hier geht es nicht ums Auswendig-Lernen von Altfragen und Multiple-Choice Tests. Ja, die gibt es auch, aber nur ganz am Anfang – im Verlauf des restlichen Studiums wird eigenständiges Denken verlangt. Ich denke grundsätzlich, dass man ein Studium nicht danach bewerten sollte, wie schwierig es zu absolvieren ist und wie viele Leute bei einer Prüfung durchfallen. Bei Politikwissenschaft – sowie bei allen anderen Sozialwissenschaften – geht es darum, was jeder und jede selbst mitnehmen kann. Politikwissenschaft ist ein Studium, bei dem man sich wahrscheinlich leichter durchschummeln kann als in anderen Fächern. Die Frage ist aber: Warum studierst du dann?
Das Politikwissenschaft-Studium hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, sich für Dinge zu Interessieren. Sich hinzusetzen und darüber nachzudenken, was man gerade gelesen hat. Abstrakte Konzepte zu verstehen und anzuwenden. Der Mehrwert des Studiums ist ein subjektiver. Du kannst Prüfungen bestehen ohne eine Ahnung vom Thema zu haben. Aber was bringt das dann?
Zusammengefasst kann man wohl sagen: Man lernt nie aus. Und wer durch ein (sozialwissenschaftliches) Studium gegangen ist, weiß, dass neues Wissen aneignen eine ganz wunderbare Erfahrung ist, die einen ein Leben lang begleiten wird.