Es ist Samstag Abend, ca. halb 12. Ich bin mit ein paar Leuten im Studentenheim, doch der Abend davor war sehr lange und so beschließe ich, mich langsam auf den Weg in Richtung meiner eigenen Wohnung zu machen. Das Abenteuer beginnt.
Ein Hoch auf Wien
Zunächst ein paar Worte zum Netz der Öffis in Wien; tagsüber und in der Nacht. Ja, wir haben einige „Problemzonen“, z.B. die überlastete U6, die 43 oder den 13A. Aber wir haben immerhin eines, das hier wirklich gut funktioniert: ein festgelegter Zeitplan.
Wenn du in der Nacht in Wien unterwegs bist, weißt du, dass es eine U-Bahn oder zumindest eine Nightline gibt, die alle 15-30 Minuten fährt und dich an den gewünschten Ort bringt, der am Fahrplan angeschrieben ist.
Nun zur Situation in Zagreb. Hier gibt es keine U-Bahnen, dafür ein ziemlich gut ausgebautes Netz an Straßenbahnen und Bussen. Ein Problem gibt es aber: der Zeitplan.
Das Spiel mit dem Glück
Wenn du hier an einen bestimmten Ort musst, läuft das ganze ca. so ab: 1. Du schaust auf Here Maps, einer Straßenkarte oder direkt an der Haltestelle, mit welcher Straßenbahn du fahren musst. (Im Stadtzentrum wirst du hauptsächlich Straßenbahn fahren, die Busse fahren eher außerhalb.) 2. Du stellst dich zur Haltestelle und wartest. 3. Du hast hoffentlich genug Zeit eingeplant; warum? Weil es nie so ganz sicher ist, wann eine Straßenbahn kommt, die du gerade brauchst.
Wenn du so wie ich an einer Haltestelle wohnst, wo mehrere Linien fahren, kann dir folgendes passieren: Du wartest an der Kreuzung bis die Ampel grün wird (die ist hier einfach IMMER rot!), läufst zur Straßenbahn die in der Station steht, bist zu langsam, sie fährt weg und du wartest 20 Minuten bis die nächste Bahn kommt, die du brauchst. Besonders ermutigend ist das Ganze am Weg zur Uni, wenn du spät dran bist und gefühlte 100 Züge all jener Linien kommen, die du nicht brauchst.
Zagreb bei Nacht
Zurück zu jenem Samstag Abend im Studentenheim.
„Wann geht denn die letzte Straßenbahn Richtung Zentrum?“, frage ich eine Freundin. „Das weiß ich nicht so genau, aber es ist noch nicht einmal 12 Uhr, da fährt sie sicher noch!“ Wunderbar, denke ich. Ich verabschiede mich und gehe zur Station. Endlich, die Linie 5 kommt. Ich steige ein und hole mein Buch aus der Tasche.
Nach drei Wochen in Zagreb, weiß ich welche Linie ich nehmen muss, aber die genauen Endstationen, die zu jeder Line gehören sind mir noch nicht so geläufig. Ein sehr großer Fehler, wenn man rund um 12 Uhr nachts in eine Straßenbahn einsteigt!
Als alle aussteigen und ich aufschaue, bemerke ich, dass hier Etwas nicht stimmen kann. Das schaut mir so gar nicht nach dem Trg Bana Jelacica (dem Hauptplatz) aus, wo ich eigentlich hinwollte. Verdammt!
Was sind schon 1 Stunde und 23 Minuten?
Folgendes ist passiert: Die letzten Straßenbahnen fahren nicht ihre übliche Route, sondern werden an einer bestimmten Endstation eingezogen.
Mit bieten sich nun also 3 Möglichkeiten: Taxi, Nachtbus, gehen. Taxi? Mein Studenten-Ich sagt: nein sicher nicht, Geldverschwendung! Nachtbus? 45 Minuten warten? Wird ebenfalls abgelehnt. Ich entscheide mich also für gehen. Google Maps sagt 1 Stunde und 23 Minuten. Na dann machen wir eben einen kleinen Spaziergang durch das nächtliche Zagreb.
Motiviert gehe ich los.
Nachts unterwegs in Zagreb
Die ersten 10 Minuten sind super . „Das geht ja ganz gut“, denke ich. Dann der Blick aufs Handy. Was? Ich bin doch sicher schon viiiel mehr gegangen! Position neu berechnen. Ungefähre Dauer bis zur Ankunft: 1 Stunde und 15 Minuten. Na toll. Ich gehe weiter.
Vorbei an dunklen Schaufenstern, Hunden die ihre Besitzer zu später Stunde wachhalten, eine Bäckerei, die 24h geöffnet hat. Schnell rein und ein Burek kaufen! Schließlich bin ich ja noch länger unterwegs.
Okay, long story short: Nach 45 Minuten, als meine Geduld verschwindet und ich immer noch nicht in ein Taxi einsteigen will, beschließe ich, doch den Nachtbus zu nehmen.
That’s it?
Leider nein. An der Haltestelle, des Nachtbusses sind zwar (oh Wunder!) die Abfahrtszeiten angegeben, aber nicht die genauen Haltestellen. Ich finde sehr schnell heraus, dass der Bus doch bei mehr als nur den 4 gekennzeichneten Haltestellen stehen bleibt. Ob aber genau bei der, die ich brauche, weiß ich in dem Moment nicht.
Mein Entschluss steht also fest: Lieber beim Hauptplatz aussteigen und noch 15 Minuten zu Fuß gehen, bevor ich wieder im Nirgendwo lande. Ziemlich klug, wie ich finde.
Es ist 1:15 Uhr. Noch 10 Minuten, dann bin ich zu Hause.
1:25 Uhr. Haltestelle Kvaternikov Trg – endlich geschafft!
Was ich daraus gelernt habe:
1. IMMER und ich meine I M M E R auf die Linie UND die Endstation achten, beim Einsteigen in die Tram.
2. Ist das Taxi um 1 Uhr in der Nacht in einer (noch) fremden Stadt, wirklich ein guter Ort für Sparmaßnahmen?
3. Zagreb ist auch bei Nacht wunderschön!
4. Auch wenn es am Fahrplan nicht angeschrieben ist: die Nachtbus-Linie 34 fährt genau vor meine Haustüre.
Aber wenigstens kann ich sagen: Lesson learned. Challenge accepted and completed.